Pietà-Fenster des international gefeierten Künstlers Thomas Bayrle im Kreuzgang eingeweiht
Es ist ein beeindruckendes Projekt, das in diesem Herbst mithilfe großzügiger Spenderinnen und Spender im Kloster Eberbach verwirklicht werden kann. Der in Frankfurt lebende, weltbekannte Zeichner, Maler, Grafiker und Skulpteur Thomas Bayrle (*1937 in Berlin) hat für den Kreuzgang der ehemaligen Zisterzienserabtei ein Glasfenster mit Pietà-Motiv entworfen. Heute wurde es eingeweiht.
Damit geht für die Stiftung Kloster Eberbach in schwierigen Zeiten ein langer Traum in Erfüllung!
Nach der Säkularisation wurden die Arkaden im Süd- und Ostflügel des Kloster-Kreuzgangs nach und nach vollständig zerstört, im Nord- und Westflügel ist das Maßwerk der Arkadenfenster teilweise nicht erhalten oder beschädigt. Mit dem Fenster von Thomas Bayrle, der als einer der wichtigsten deutschen Pop-Art-Künstler gilt, dreißig Jahre an der Städelschule lehrte und u.a. drei Mal an der documenta teilnahm, wird eines der Fenster neugestaltet. Das Pietà-Motiv, also die Darstellung Marias mit dem Leichnam Jesu Christi, ist ein mittelalterliches Motiv, das sich bestens in ein Kloster einfügt. Es wird von Bayrle modern interpretiert, indem er das Bild – als eine Art „Superform“ - aus vielen kleinen Smartphone-Motiven entstehen lässt.
Martin Blach, Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung Kloster Eberbach: „Für Kloster Eberbach ist es eine besondere Ehre, dass Professor Bayrle unserer Bitte entsprochen und dieses Fenster für uns gestaltet hat. Wir hoffen sehr, dass alle unsere Gäste von diesem Kunstwerk ebenso begeistert sind wie wir und wir noch mehr Kunstbegeisterte aus Nah und Fern ansprechen – und anziehen. Und sie mit ihrem Besuch den Erhalt Eberbachs fördern.“
Die Anbringung des Objektes wurde mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt.
Staatsministerin und Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Kloster Eberbach Priska Hinz betont: „Das Kloster Eberbach ist eine beeindruckende Kulturstätte. Mit einem modernen Management und kreativen Ideen lädt es die Besucherinnen und Besucher immer wieder zu neuen Erkundungstouren ein. Ich bedanke mich bei allen Spenderinnen und Spendern, die das Projekt möglich gemacht haben. Sie tragen dazu bei, dass der Leitspruch der Stiftung ‚Altes in Würde bewahren und pflegen – Neues in Behutsamkeit entwickeln und zulassen‘ einmal mehr gelebt wird.“
Das Bayrle-Fenster steht in einer Reihe mit Fenstern wie denen von Gerhard Richter im Kölner Dom und der Abteikirche Tholey oder den Kirchenfenstern von Marc Chagall in Mainz.
Angefertigt wurde das Kunstwerk in den vergangenen Monaten von der „Päpstlichen Hofglasmalerei“ Derix aus Taunusstein.
Das Maßwerk besteht aus drei Spitzbögen, zwei Kreisscheiben sowie einem Zwickel. Jedes Einzelfenster ist ca. 65 Zentimeter breit und 265 Zentimeter hoch. Eine Trägerscheibe aus 8 Millimeter Sicherheitsglas wurde mit Lack versehen, darauf mundgeblasene Überfang-Gläser der Glashütte Lamberts® in transparenten Blautönen manuell zugeschnitten und angeordnet. Die Gläser wurden mit einem transparenten Zwei-Komponenten-Silikon auf die Trägerscheibe auflaminiert. Insgesamt wurden 5,5 Quadratmeter Glas verbaut.
Derix-Geschäftsführer Frederik Richter: „Es war uns eine große Freude ein Teil dieses besonderen Projekts zu sein, gemeinsam mit Herrn Bayrle die Umsetzung seines Entwurfs in Glas zu entwickeln und das Fenster für ihn umzusetzen. Darüber hinaus war es natürlich auch sehr reizvoll, eine Arbeit für einen solch geschichtsträchtigen Ort wie Kloster Eberbach auszuführen, der noch dazu in unserer unmittelbaren Nachbarschaft liegt. Das hat uns alle mit Stolz erfüllt.“
Der Künstler selbst sagt zu seinem Werk:
„Wohl wissend, dass es nichts schöpferisch 100% Gleiches gibt, mag ich Raster ...
Szenen, aus der Retorte kommend, aus gleichen Elementen zusammengesetzt.
‚Raster‘ - wie sie aus Maschinen kommen - immer ähnlich, niemals gleich!
Als ‚Zeichen und Punkte‘ erlebte ich als Kind gerne Regen und Schnee… Großes, aus Millionen Einheiten (Kleinem) zusammengesetzt - in dem ich mich ‚in Ähnlichem‘ verlor!
Eine Mögliche - meine - Vorstellung des Klosters - hat wesentlich mit ‚Akkumulation‘ zu tun:
mit Steinen / Atemzügen / Gesängen / ungezählten Wiederholungen von immer ähnlichen Ereignissen und Leistungen - die sich über lange Zeit - zu einem komplexen Energiepotential verdichtet haben….
Solche Summen von Einzelheiten / Einzelinvestitionen erhalten den ‚Organismus Kloster‘ über lange Zeit.- In unserer Pieta sind viele verschiedenen Einzelheiten zu einer komplexen ‚Figur Pieta‘ zusammengefasst….
Als Summe aus Punkten / Strichen / Figuren wird versucht, eine kollektive Figur vom Heute und Jetzt zu bilden.“
Thomas Bayrle, 2020
22.10.2020 ⋅ Aktuelles