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Neue Kirchenfenster für die Basilika? Künstler-Entwürfe installiert

Neue Kirchenfenster für die Basilika? Künstler-Entwürfe installiert

Gästebefragung gestartet
Neue Kirchenfenster für die Basilika von Kloster Eberbach?
Entwürfe des Künstlers Michael Anthony Müller wurden installiert

Zeit - Sterblichkeit – Liebe – es sind die Themen des nächsten großen Kunstprojekts in Kloster Eberbach. Und wohin könnten sie besser passen als in die Basilika der ehemaligen Zisterzienserabtei im Rheingau?

Für die Realisierung von Glasarbeiten großer deutscher Gegenwartskunst ist es der Stiftung gelungen, den britisch-deutschen Künstler Michael Anthony Müller zu gewinnen. Jetzt wurden seine Entwürfe für drei Kirchenfenster in der Basilika angebracht. Gäste haben bis Anfang Juni 2024 die Gelegenheit, die Probeinstallation zu besichtigen und können ihr Votum dazu vor Ort digital abgeben.

Kräftiges Blau. Stahlendes Pink. Durchbrochen von leuchtenden Wellen. Faszinierende Farbspiele scheinen durch transparente Folien. Die Motive stammen aus einer der großen Arbeiten „Der geschenkte Tag“ (2021–2022) von Michael Müller. Sie erzählen die Geschichte einer besonderen Liebe. Der Liebe zwischen den Zwillingsbrüdern Kastor und Polydeukes (lat. Castor und Pollux). Nach dem griechischen Mythos der Dioskuren sind sie zwar Söhne derselben Mutter - doch haben nicht denselben Vater.

Polydeukes ist der Sohn von Zeus und damit als Halbgott unsterblich. Kastor, als Sohn von Tyndareos, König von Sparta, ist als Mensch dem Tod geweiht. Nachdem das unzertrennliche Brüderpaar durch Kastors Tod auseinandergerissen worden ist, gewährt Zeus ihnen abwechselnd je einen Tag im Hades, dem Reich der Toten, und einen Tag im Olymp unter den Göttern.

Anlässlich seiner Arbeit „Der geschenkte Tag“, die 2022/2023 im Frankfurter Städel Museum präsentiert wurde, erklärte Michael Müller sein Werk so: „Es geht um ein ganz großes Phänomen, die Idee der Zeit. Das Seltsame ist, dass wir heute physikalisch noch gar nicht erklären können, was Zeit eigentlich ist.

Für mich war es grundlegend, mich in etwas hineinzubewegen, was mir vollkommen unbekannt ist. Obwohl wir nicht erklären können, was Zeit ist, haben wir ein ganz ausgeprägtes Zeitgefühl und auch ein Zeitverständnis. Die Zeit spielt für uns eine wichtige Rolle, wie das Wort Lebenszeit signalisiert, weil sie unseren Alltag komplett bestimmt. Wir wollen diese Vorstellung zwar oft verdrängen, weil mit der Lebenszeit eben auch eine Endlichkeit aufgerufen und uns unsere Sterblichkeit bewusst wird. Dass wir sterben werden, ist andererseits aber unbedingt notwendig dafür, dass wir überhaupt so etwas erleben können, was wir als Leben bezeichnen. Und das ist die Frage, die mit diesem geschenkten Tag aufgerufen wird.“

Wie passen „zisterziensische Schlichtheit“ und farbintensive, moderne Fenster zusammen?

Die Basilika wurde – so wie die übrigen Teile des Klosters auch - kontinuierlich verändert und weiterentwickelt, sowohl architektonisch als auch hinsichtlich ihrer Ausstattung. Zuletzt prägte die in Eberbach verspätete Barockisierung bis 1803/1806 die Basilika. Zu keiner Zeit vor der Säkularisierung waren die Kirchenfenster durchgehend schlicht durchsichtig.

„Es ist komplex, nach 888 Jahren Geschichte voller Veränderungen der inneren wie äußeren Verfassung des Denkmals und es scheint vermessen, wenn wir heute konstatieren, was der ,zisterziensische Geist‘ sei“, erläutert Julius Wagner, Vorstandsvorsitzender der Stiftung. „Über den ,zisterziensischen Geist‘ können wir heute mit den lebendigen Konventen der Zisterzienser selbst sprechen. Und derer gibt es viele, die gerade in ihren Klosterkirchen bunte Glasfenster seit Jahrhunderten haben einbauen lassen. Daher ist es uns wichtig, die Ergebnisse der Gästebeteiligung in die gemeinsame Entscheidungsfindung mit dem Künstler, der hessischen Denkmalpflege und der Stiftung einfließen zu lassen. Die Eröffnung eines Beteiligungsprozesses sorgt für Diskurs, Auseinandersetzung und Lebendigkeit, und ich bin dem Präsidenten der Hessischen Denkmalpflege dafür sehr dankbar. Kloster Eberbach ist ein öffentlicher Ort, soll ein lebendiges Kulturdenkmal, ein Ort der Begegnung und des Austauschs sein, der für neue Wege bei der Hebung unseres großen kulturhistorischen Schatzes steht.“

Für Kloster Eberbach wäre die finale Umsetzung der „Müller-Fenster“ die zweite Realisation großer zeitgenössischer Kunst in dem 888 Jahre alten Kulturdenkmal.

2020 wurde das spektakuläre Fenster des weltbekannten Zeichners, Malers, Grafikers und Skulpteurs Thomas Bayrle (geb. 1937 in Berlin), die „Pietà“, im Kreuzgang von Kloster Eberbach eingeweiht. Das Bayrle-Fenster steht in einer Reihe mit Fenstern wie denen von Gerhard Richter im Kölner Dom und der Abteikirche Tholey oder den Kirchenfenstern von Marc Chagall in Mainz.

Der Künstler Michael Anthony Müller

Michael Anthony Müller wurde am 2. Juli 1970 in Ingelheim am Rhein geboren. Bereits mit 15 Jahren folgten erste Ausstellungen seiner Kunst sowie sechs weitere, bis er mit 22 Jahren – für kurze Zeit – an die Kunstakademie in Düsseldorf studierte. Er brach das Studium ab, um zu reisen. Die indischen Wurzeln seiner Großmutter führten dazu, dass er sich mit indischer Musik vertraut machte und mit Fotografien tibetischer Mönche in Kontakt kam. Mit 23 Jahren reiste er das erste Mal in die Ladakh-Region und lebte dort zwischen 1992 und 2007 vornehmlich, u. a. im Kloster zu Alchi.

Pressemitteilung

Entwurf der Kirchenfenster in der Basilika © Daniel Baldus Photography

Kirchenfenster-Entwurf von Michael Anthony Müller

Anbringung der Probeinstallationen in der Basilika

Künstler Michael Anthony Müller © Robert Schittko

22.04.2024 ⋅ Pressemeldung